Weiße Fahne. Impuls zu Jesaja 55,8-12 von Charlotte Scheller

Sun, 07 Feb 2021 15:42:56 +0000 von Christian Bode

Taizé-Gottesdienst am Sonntag Sexagesimae, 7. Februar 2021

Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken. Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und lässt wachsen, dass sie gibt Samen zu säen und Brot zu essen, so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende. Denn ihr sollt in Freuden ausziehen und im Frieden geleitet werden. 
 
In Freuden ausziehen. Was für ein Fest war es, wenn wir als Kinder unser Bettzeug ins Auto packten, Kleidung, Geschenke, und für ein Wochenende zu den Verwandten fuhren! Da waren die Cousinen, Onkel und Tante, eine andere Umgebung. Die Erwachsenen erzählten. Wir Kinder spielten. Es gab Köstliches zu essen. Limo und Wein flossen in Strömen und wir mussten erst ins Bett, wenn wir vor Müdigkeit umfielen. Viel zu schnell war das Wochenende vorbei. Wir packten wieder unsere Sachen. Umarmungen. Gegenseitige Versprechen, zu schreiben, anzurufen, bis zum nächsten Mal nicht wieder so viel Zeit vergehen zu lassen. Dann saßen wir im Auto. Aus dem Fenster schauten wir zurück. Die Tante hatte ein Bettlaken zwischen ihren Armen ausgespannt und wedelte damit. Lange sahen wir die weiße Fahne flattern. Ihr sollt im Frieden geleitet werden! 
 
Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, sagt Gott. Wir können nicht sehen, was Gott mit uns vorhat. Die Kindertage sind vorbei. Die Zeiten haben sich geändert. Jeden Tag neue Nachrichten, Verordnungen, die sich auf unseren Alltag auswirken. An vielen Orten ist nicht genug Brot, von Limo und Wein in Strömen ganz zu schweigen. Manche Worte, die wir hören, sind verlässlich. Andere sind leeres Gerede, schon nicht mehr gültig, wenn wir das Radio oder den Fernseher ausschalten. So ist es, Corona-unabhängig, mit vielem, was Menschen sagen. In einer Freundschaft. In der Familie. In der Politik. 
 
Mit dem, was Gott sagt, ist es anders. Seine Worte sind nicht leer. Sie sind mächtig. Mit seinem Wort hat der Schöpfer alles Lebendige ins Dasein gerufen. Wir können nichts dazutun und nichts wegnehmen. Wie gut wir auch pflegen, was er uns anvertraut hat - wir können nicht einen einzigen Grashalm wachsen lassen ohne seinen Segen. Ein kleines Kind nicht behüten ohne seinen Schutz. Ein Versprechen nicht halten, ohne dass Gott Ja dazu sagt. 
 
Wie kommt es zu mir, das Gotteswort? Es ist weit weg von mir. Wie der Himmel. Und meine Gedanken sind oft abgelenkt und wirr. Aber Gott hat Mittel und Wege, sein Wort zu mir zu schicken. Ein Mensch, der sagt: Ich freu mich über dich. Ein anderer, der mich jetzt braucht. Ein Lied, das mein Herz in der Tiefe berührt. Ein Anruf, der mir sagt: Ich denk an dich. Eine Karte, die ich einem schreibe, von dem ich lang nichts mehr gehört habe. Versprochen. 
 
Gottes Wort kommt nicht leer zu ihm zurück. So können wir morgens unser Herz ausziehen lassen in Vorfreude. Welches Wort erreicht uns heute? Und wenn wir uns zerstritten haben mit dem Himmlischen, uns schon lange außer Hörweite seines Wortes begeben haben? Gott schwenkt ein weißes Bettlaken und geleitet uns im Frieden zurück nach Hause.
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