„Jubelt, alle Lande, lasst alle Welt zur Ehre Gottes singen!“ (Psalm 66)
„Das Leben ist schön!“, so steht es auf einer Postkarte, die über meinem Bett hängt.
Und von meinem Leben habe ich ziemlich klare Vorstellungen:
Ich weiß, was ich mir wünsche, damit es schön ist.
Was ich hoffe und was ich mir erträume.
Ich stecke mir Ziele und mache Pläne: Wo ich hinreisen möchte, wen ich als nächstes besuche, mit wem ich nächste Woche ins Kino oder zum Sport gehe.
Mein Leben – ich möchte es genießen, voll auskosten, alles mitnehmen.
Jubeln möchte ich, mich freuen.
Schön soll es sein, mein Leben.
Deswegen schreibe ich To-Do-Listen und mache Pläne. Alles soll klappen.
Und dann kommt der Alltag. Die Pläne müssen sich bewähren.
Manchmal geht das gut. Alles läuft und ich bin happy: Das Leben ist schön!
Dann kann ich jubeln und mich freuen.
An anderen Tagen klappt gar nichts.
Meine Pläne werden durchkreuzt, alle Ziele rücken in weite Ferne
Meine Wünsche werden nicht erfüllt. Träume platzen. Stress gewinnt die Oberhand. Alles grau in grau.
Da ist nichts mehr mit Jubeln.
Die Sicht des Psalmbeters ist mir fern an solchen Tagen.
Manchmal kann ich nicht jubeln. Manchmal möchte ich auch nicht jubeln.
Und überhaupt, immer gut drauf sein müssen – das ist ziemlich anstrengend.
„Das Leben ist schön!“, so steht es auf besagter Karte über meinem Bett.
Und dann geht es noch weiter:
„Das Leben ist schön, von einfach war nie die Rede!“
Ein kluger Mensch hat mir diese Karte geschenkt.
Überreicht in einer Zeit, in der vieles nicht nach Plan lief.
Überreicht mit den Worten: „Das ist eine Grundeinstellung!“
Ich glaube, das stimmt. Mir muss nicht immer nach Jubeln zu Mute sein.
Ich muss nicht jeden Tag grinsen wie ein Honigkuchenpferd.
Aber ich kann offene Augen haben für die vielen kleinen schönen Dinge, die das Leben, die Gott mir schenkt.
Ich kann jeden Tag als Geschenk nehmen und ihn abends wieder zurückgeben.
Es ist gar nicht so lange her, da habe ich mein erstes Examen gemacht. In dieser Zeit war der Alltag oft ziemlich grau für mich. Immer wieder hatte ich das Gefühl, mein Leben irgendwie zu verpassen.
Dann habe ich angefangen, jeden Abend Kleinigkeiten aufzuschreiben, die gut waren an diesem Tag:
Ein paar Minuten Plaudern vor der Arbeit bei einer Tasse Kaffee.
Aufbauende Worte einer Freundin, die seit Monaten meinen immer gleichen Beschwerden zuhört.
Ein Zettel an meiner Tür.
Ein Eis mit meiner Nachbarin zwischendurch im Garten.
Die Bibliothekarin, die mich auch morgens um 8 mit einem strahlenden Lächeln begrüßt.
Am Ende war ich überrascht, wie viel Gutes ich oft übersehe.
„Jubeln“ – an manchen Tagen gerne. An manchen Tagen kann ich gar nicht anders.
Dann ist das Leben ist schön, ich kann es voll auskosten.
An anderen Tagen muss ich mein Buch aufschlagen und nachlesen. An diesen Tagen kann ich nicht jubeln. Nur Gott den Tag wieder zurückgeben. Und das ist okay.
Amen.