Gott, manchmal verstehe ich dich nicht. Ich frage mich: Hast du mich eigentlich vergessen? Was soll das Ganze hier?
Herr, manchmal verstehen wir dich nicht. Hast du uns vergessen, oder hast du einfach keine Macht? Wir sind doch dein Volk. Israel. Aber jetzt sind wir jahrelang nicht zu Hause gewesen. Wir sind getrennt von unseren Lieben. Wir vermissen unsere Gottesdienste. Alle Hoffnung haben wir auf den fremden König gelegt. Wir dachten, wenn er kommt, können wir endlich wieder unsere Gottesdienste feiern. Aber er macht die anderen Götter groß. Auf allen Straßen wird gefeiert. Was soll das, Herr? Warum machst du nichts? So fragen die Israeliten. Gott antwortet.
Hebt eure Augen in die Höhe und seht: Wer hat die Sterne dort oben erschaffen?
Jakob, warum sagst du, Israel, warum sprichst du:
Mein Weg ist dem Herrn verborgen, meinem Gott entgeht mein Recht?
Weißt du es nicht, hörst du es nicht?
Der Herr ist ein ewiger Gott. Er wird nicht müde und matt.
Die Jungen werden müde und matt, junge Männer stolpern und stürzen.
Aber die dem Herrn vertrauen, kriegen neue Kraft,
dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden,
dass sie wandeln und nicht müde werden. (aus Jes 40,26-31)
Du hast gut reden, Gott. Ich werde sehr wohl müde. Kann nicht mehr weiter. Habe keine Kraft mehr. Nicht mal die Kraft, dir mein Leid zu klagen. Dann merke ich nicht, dass es dich gibt. Ich bin stumm und das ist noch schlimmer, als wenn ich klagen könnte. Oder schreien. Weinen. Toben vor Wut.
Es gibt wohl Zeiten, da muss das genügen. Da kann ich nichts weiter als einfach nur da sein. Bloß ich sein. So wie ich jetzt gerade bin. Das muss dir genügen, Gott.
An solchen Tagen merke ich: Eigentlich weiß ich gar nichts. Ich hab nichts zu geben, ich schau auf meine leeren Hände. Du sagst: Guck nach oben! Und ich seh den Himmel und die Sterne, ein Stück von deiner Ewigkeit!
Vielleicht ist das auch ein Gebet. Vor Gott nichts tun. Vielleicht ist das mehr Gebet als wenn ich viele Worte machen würde.
Ich kann mein Herz nicht selbst zur Ruhe bringen. Wenn das einer kann, dann du, Gott. Sogar der Kirchenvater Augustin gibt das zu: „Unruhig ist mein Herz, bis es Ruhe findet in dir“.
Gott sagt: Ich sehe dich, mein Volk Israel. Du hast den Kontakt abgebrochen. Du siehst nicht, wie ich dir helfen kann. Du glaubst, ich kriege nicht mit, wie schlecht es dir geht. Weißt du es nicht, hörst du es nicht? Der Herr ist ein ewiger Gott. Er wird nicht müde und matt. Gott sagt: Ich will euch neue Kraft geben. Vertraut mir!
Konfi-Teamer Aristid: „Was gibt mir Kraft in diesen Tagen?
Für mich ist es ganz eindeutig die Familie, mit der man jetzt einfach mal wieder schön ein bisschen was machen kann. Ob es jetzt Serie gucken ist oder einfach mal ein Spiel spielen.
Und das tägliche Miteinander, das ich jetzt auf den Straßen hier sehe: Dass man einfach aufeinander achtet und miteinander lebt und nicht in seiner eigenen Trance“.
Ulrich Hundertmark: „Ich schöpfe Kraft in dieser Corona-Krise aus dem festen Glauben an die Kraft unseres Herrn, der uns durch die Krise führen möge. Durch die Besonnenheit unserer Regierungen, die wir in den letzten Entscheidungsrunden erfahren durften. Aber auch aus der Entschleunigung unserer Lebensführung. Und nicht zuletzt aus dem sicheren Gespür, dass ich hier nicht allein auf dieser Welt bin, sondern mich in einer großen Gemeinsamkeit mit vielen lieben Menschen in meiner Umgebung weiß“.
Weißt du es denn nicht? Ja, ich weiß, Gott, du gibst mir Kraft. Aber ich vergess es immer wieder. Deshalb steck ich mir jetzt ein altmodisches Taschentuch ein. Wenn ich was Gutes erlebe, das ich nicht vergessen will, mach ich einen Knoten hinein. Am Abend kann ich mich dann nochmal daran erinnern.
Hörst du es denn nicht? Die dem Herrn vertrauen, kriegen neue Kraft, dass sie laufen und nicht matt werden. Wenn nichts mehr geht, zieh ich meine Laufschuhe an. Und Musik auf die Ohren. Ich fühle mich wieder voll lebendig. Ich laufe und die Müdigkeit ist weg.
Sie kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler. Auch ein Energy-Drink gibt Kraft. Red Bull soll sogar Flügel verleihen.
Bloß hinterher kommt der Absturz. Alle Energie ist weg und die Müdigkeit umso größer.
Dann lieber bei Gott Kraft tanken.
Birgit Hecke-Behrends: „Was mir Kraft gibt in diesen Tagen? Das brauch ich nicht lange zu überlegen. Das ist unsere Klosterkirche hier oben auf dem Berg. Ich seh sie von weitem, wenn ich auf den Ort zufahre, ich höre sie, wenn sie läutet, und spätestens dann zieht sie mich magisch an. Da muss ich hin. Sie ist der Mittelpunkt - nicht nur des Dorfes. Ich kann mich an ihre Turmseite anlehnen, dann deckt sie mir den Rücken, gibt mir Rückhalt. Mir und schon vielen Menschen vor mir seit vielen hundert Jahren. Was mag sie alles erzählen, was vor mir war und hoffentlich noch lange nach mir?
Ich geh an die Südseite, streiche mit der Hand über den sonnengewärmten Sandstein. Rau und tröstlich. Das tut mir gut - in guten und in traurigen Tagen.“
Ich habe die Musik. Für mich ist sie eine Kraft. Ich spiele ein Lamento. Die Flöte klagt. Dann bin ich befreit.
Ich habe mal gelernt: In der Physik ist Kraft die Einwirkung auf einen Körper. Sie formt oder sie beschleunigt. Ich kann sie nicht sehen. Aber ich spüre: Die Energie des Körpers hat sich verändert.
Ich habe etwas über den Adler gelesen. Ursprünglich stand da „Geier“. Dass sie auffahren mit Flügeln wie Geier. Bevor der Adler zum Wappentier wurde, haben sich Könige mit dem Geier im Siegelring geschmückt. Er galt als Sieger über den Tod. Die dem Herrn vertrauen, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Geier.
Wo war ich ganz unten und mir sind Flügel gewachsen?
Marianne Westendorf: „Ich bin wieder hier bei Christophorus, was mein zweites Zuhause ist und was ich sehr entbehrt habe in den letzten Wochen. Ich hab aber immer die Post gelesen ganz in Stille und hab es alles in mich aufgenommen, mitgebetet und mitgesungen. Das hat mir sehr viel gegeben.
Und wenn ich daran denke, was mich aus der Bibel besonders anspricht, dann ist es der Vers ‚Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, haltet an am Gebet.‘“
Gebet
Ewiger Gott, du hast alles geschaffen. Den Sternenhimmel, die Berge und das Meer. Du siehst auch mich. Meine Energie. Meine Sehnsucht. Meine Erschöpfung. Lass mich still werden vor dir. Fülle mich mit deiner Kraft. Halt mich fest. Sei da. Amen.